Vika, die Leiterin des Martin-Klubs, sendete uns wieder erschütternde Bilder und beschreibt die Lage.
„Die letzte Nacht war heftig: 14 Angriffe allein in Dnipro. Die Zerstörung von Privathaushalten ist gravierend. Einige Häuser sind völlig zerstört, viele stehen in Flammen. Wir erhielten von der Stadt den Auftrag, an einer der Adressen zu arbeiten, mussten aber zu drei weiteren gehen, da nicht genügend Arbeitskräfte da waren. Es sind viele Menschen im Einsatz, die Polizei erstellt Unterlagen über den Wohnungsverlust, unser Jurist ist dabei und ein Psychologe.“
Freitag, der 13. Dezember war ein sehr angespannter Tag in der Ukraine. Von früh bis spät gab es Luftalarm. Die Ziele des russischen Angriffs waren wieder einmal die Energieinfrastruktur des Landes. 93 Raketen und 200 Dronen wurden abgefeuert, darunter – nach Angaben der ukrainische Armeeregierung – auch die Hyperschall-Luftbodenrakete „Kinjal“ und mindestens eine nordkoreanische Rakete.
Abbildung: Karte von den Angriffen am 13.12.2024.
„Dank den F-16-Flugzeugen konnten wir 81 Raketen abfangen,“ – sagte später der ukrainische Präsident Selenskij.
Kurz vor Weihnachten, der frostigsten Zeit in der Ukraine, wollte die russische Armee damit die Hilfsinfrastruktur der Atomkraftwerke in der Westukraine vernichten, um dem ganzen Land massive Probleme bei der Strom- und Wasserversorgung zu bereiten. 5 von 9 Kraftwerken mussten infolge des Angriffs ihre Kapazität reduzieren.
Victoria Fedotova, Leiterin des Martin-Klubs, erzählte uns am Abend, dass das Team trotz Stress und Luftalarm an diesem Tag viele Pläne umgesetzt habe:
„Sweta und Olga (Sozialarbeiterinnen Martin-Klubs) hatten vor den Kindern, die unser Auffangstation in Rukavitschka verlassen haben und jetzt mit ihren Familien in eigenen Häusern wohnen, Geschenke vorbeizubringen. Auch wollten sie mit den Kindern, die im Moment in Rukavitschka wohnen, Stollen backen. Und wie es der Zufall wollte, plante die Natur, dass der erste Schnee fallen würde. Trotz aller Angriffe wurden Kinder beschenkt und Stollen wurden gebacken! Wir haben es kaum geschafft bevor der Strom ausfiel!“
Seit mehreren Monaten müssen Menschen in der Ukraine mit solchen Einschränkungen leben. Ohne Strom, ohne Ruhe und Schlaf in der Nacht. Man ist müde und verzweifelt, aber sogar in dieser Atmosphäre gibt es Zeit für Weihnachtswunder und warme Traditionen.
Wir gratulieren unserem Partner zu seinem 25-jährigen Bestehen. Obwohl das ein ganz solides Alter für einen Verein ist, gab es keine Feierlichkeiten. Momentan gibt es zu viele Herausforderungen und Leiden in der Ukraine und das bedeutet, dass der Martin-Klub handeln muss.
Seit einem Vierteljahrhundert hilft der Verein Kindern und Frauen, schwierige Lebensumstände zu überwinden. Der Krieg hat neue Herausforderungen mit sich gebracht, und so unterstützt der Martin-Klub seit 2014 auch die Opfer der Kriege.
Das Ziel ist, den Menschen Möglichkeiten zu geben, besser (oder überhaupt wieder) zu leben, widerstandsfähig zu werden, ihre Rechte zu schützen und selbstbewusst in die Zukunft blicken zu können. Haupt-Schwerpunkt sind Projekte für Kinder.
Hier einige interessante Fakten über Martin-Klub, die einen besseren Überblick über das „Geburtstagskind“ geben:
Alter: 25 Jahre
Geburtsort: Makejevka, Ostukraine
Wohnort: Dnipro, Ostukraine – seit 2014
Leiterin – Viktoriya Fedotova
Teammitglieder: Koordiniert vom Martinklub arbeiten 180+ Personen, die in mehreren Städten der Ukraine tätig sind: in Dnipro, Kryvyj Rih, Pavlograd, Kamjanske ..
Durchgeführte Projekte: mehr als 60
In Projekten Unterstützte: mehr als 20 000
Menschen, die seit 10 Jahren aus Kriegsgebieten evakuiert wurden: 16 800
Obwohl heute ganz viel Arbeit in Richtung Kriegsfolgenüberwindung durchgeführt wird, bleiben wie alle Jahre zuvor Kinder und Familien im Mittelpunkt. Julenka e.V. ist stolz, Martin-Klub auf diesem Weg zu unterstützen und wünscht dem Team viel Kraft und Inspiration, um weiter genauso hilfreich, menschlich und munter zu bleiben.
Gestern schrieb ich den vorigen Artikel, nutzte Zahlen über Raketen-Alarme vom Telefonat Ende April, fragte Vika nach aktuellen im Bereich von Dnipro.
Und hier sind sie, die Zahlen vom Mai – völlig unerwartet: Der Krieg aus statistischer Sicht betrachtet, von ungedachten Seiten… Die moderne Medientechnik hat alles griffbereit auf dem Handy – und die Menschen vor Ort erleben ihn -> täglich, zu allen Tageszeiten, wie auch immer der Mond scheint… 227x im Mai -> Alarm
Anzahl der Alarme, Einschläge, mittlere Alarmdauer, max,/min.Anzahl pro Wochentag/Datumt/MondhelligkeitAnzahl pro Uhrzeit, durchschnittliche Dauer der Alarme
Unsere letzte planmäßige Videokonferenz mit Vika musste ausfallen, da eine Militärdrohne direkt bis zum Haus eines Helfers des MK geflogen war und dort auf der Schwelle der Haustür liegenblieb – Gott sei Dank, ein Blindgänger.. Alle waren in heller Aufregung, bis die Evakuierungen abgeschlossen waren und die Drohne an eine sichere Stelle verbracht und entschärft werden konnte.
Die Bedingungen in Dnipro werden immer schwieriger: Im April gab´s in Dnipro 177 Raketenalarme. jeden Tag mindestens einen, insgesamt 30 Einschläge. Der Beschuss nimmt zu, und die Menschen müssen sich mit der Ausweitung des Krieges an eine neure Realität gewöhnen. Seit über einer Woche gibt`s abends und nachts keinen Strom. (Glücklich, wer sich eine Solaranlage mit ausreichendem Akku bauen konnte..)
Und dennoch konnten uns die Martin-Klubler über neue Erfolge in ihrer Arbeit schreiben:
Der MK schult neue Sozialarbeiter
Sie haben 3 neue Räumlichkeiten zur Arbeit mit Kindern gefunden – sicher, in Bunkern.
Und für das Pink-Panama-Projekt für Unterricht und aktive Beschäftigung mit Kindern wurde endlich ein neuer Sponsor gefunden, sogar für ein ganzes Jahr! (Wie gut, dass das Projekt mit unserer Hilfe ein paar Monate zwischenfinanziert und die pädagogischen Kräfte gehalten werden konnten!!) ,
Da Pink Panama an eine andere Stelle zieht, erhöht sich unter Einrechnung der 3 neuen Bunker-Räume und von Rukavitschka die Anzahl der Orte für Kinder auf 8!! -> Unsere Mission geht weiter!“ schreibt Vika.
Das von der UNFPA finanzierte Projekt zur Arbeit mit Teenagern und Jugendlichen läuft sehr erfolgreich. Es konnten 10 junge Aktivisten gewonnen werden, welche durch MK-Mitarbeiter darauf vorbereitet werden, ihrerseits weitere junge Menschen zu gewinnen und für Hilfeleistungen in ihren Dörfern auszubilden.
Die seit über 20 Jahren für den Martin-Klub arbeitenden Sveta und Olga fahren jetzt zusätzlich in Nachbarorte von Dnipro, um dort kinderreiche Familien aufzusuchen. Sie haben dringend benötigte Lebensmittel dabei und beraten an Ort und Stelle, wie medizinische und juristische Probleme dieser Familien gelöst werden können. (Ihr Auto trägt unter dem Martin-Klub-Logo die Aufschrift „HILFE – Wärme und Fürsorge für Kinder in Not“.)